HACCP Grundlagen - Hygienekonzept für die Gastronomie
HACCP (Hazard Analysis and Critical Control Points) ist das europaweit verbindliche System zur Sicherstellung der Lebensmittelhygiene in der Gastronomie. Jeder Gastronomiebetrieb ist gesetzlich verpflichtet, ein HACCP-Konzept umzusetzen. Hier erfahren Sie alles, was Sie wissen müssen.
Was ist HACCP?
HACCP ist ein systematischer Ansatz zur Identifikation, Bewertung und Kontrolle von Gefahren für die Lebensmittelsicherheit. Das Konzept wurde ursprünglich für die NASA-Raumfahrt entwickelt und ist heute international Standard in der Lebensmittelbranche.
Gesetzliche Grundlage
Die EU-Verordnung (EG) Nr. 852/2004 verpflichtet alle Lebensmittelunternehmer zur Einführung von HACCP-Grundsätzen. In Deutschland konkretisiert durch das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) und die Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV).
Die 7 HACCP-Grundsätze
Gefahrenanalyse
Identifizieren Sie alle potenziellen Gefahren (biologisch, chemisch, physikalisch) in jedem Produktionsschritt.
Kritische Kontrollpunkte (CCP)
Bestimmen Sie die Punkte, an denen Kontrolle unbedingt erforderlich ist, um Gefahren zu vermeiden.
Grenzwerte festlegen
Definieren Sie messbare Kriterien für jeden CCP (z.B. Temperatur, Zeit, pH-Wert).
Überwachungsverfahren
Etablieren Sie Verfahren zur regelmäßigen Überprüfung der CCPs.
Korrekturmaßnahmen
Legen Sie fest, was bei Grenzwert-Überschreitungen zu tun ist.
Verifizierung
Überprüfen Sie regelmäßig, ob das HACCP-System wirksam funktioniert.
Dokumentation
Führen Sie Aufzeichnungen über alle Verfahren, Kontrollen und Maßnahmen.
Kritische Kontrollpunkte in der Gastroküche
1. Wareneingang
- Gefahren: Verdorbene Ware, unterbrochene Kühlkette, Schädlingsbefall
- Kontrolle: Temperaturmessung, Sichtkontrolle, MHD-Prüfung
- Grenzwerte: Kühlware max. +7°C, TK-Ware max. -18°C
- Korrektur: Ware zurückweisen bei Mängeln
2. Kühllagerung
- Gefahren: Keimwachstum bei falscher Temperatur
- Kontrolle: Tägliche Temperaturmessung und Dokumentation
- Grenzwerte: Kühlschrank +2°C bis +7°C, Tiefkühler unter -18°C
- Korrektur: Ware prüfen, Gerät reparieren, ggf. Ware entsorgen
3. Zubereitung (rohes Fleisch/Fisch)
- Gefahren: Kreuzkontamination, Salmonellen, Listerien
- Kontrolle: Getrennte Arbeitsbereiche, farbcodierte Schneidebretter
- Grenzwerte: Arbeitsflächen nach Kontakt sofort reinigen
- Korrektur: Desinfektion, Ware bei Kontamination entsorgen
4. Erhitzen/Garen
- Gefahren: Überleben von Krankheitserregern
- Kontrolle: Kerntemperaturmessung
- Grenzwerte: Geflügel min. 74°C, Hackfleisch min. 72°C, Fisch min. 65°C
- Korrektur: Weitergaren bis Temperatur erreicht
5. Warmhalten
- Gefahren: Keimwachstum im kritischen Bereich (10-60°C)
- Kontrolle: Temperaturüberwachung
- Grenzwerte: Min. 65°C, max. 3 Stunden Warmhaltezeit
- Korrektur: Nacherhitzen oder entsorgen
6. Abkühlen
- Gefahren: Keimwachstum während langsamem Abkühlen
- Kontrolle: Schnelles Abkühlen dokumentieren
- Grenzwerte: Von 65°C auf unter 10°C in max. 2 Stunden
- Korrektur: Schockfroster nutzen oder kleinere Portionen
Temperatur-Richtwerte
| Bereich | Temperatur | Hinweis |
|---|---|---|
| Tiefkühlung | -18°C oder kälter | Dauerlagerung |
| Kühlung | +2°C bis +7°C | Frische Lebensmittel |
| Kritischer Bereich | +10°C bis +60°C | Schnell durchschreiten! |
| Warmhalten | Min. +65°C | Max. 3 Stunden |
| Erhitzen | Min. +72°C Kern | Für sichere Abtötung |
Dokumentationspflichten
Folgende Aufzeichnungen sind zu führen und mindestens 1 Jahr aufzubewahren:
Temperaturkontrollen
Tägliche Aufzeichnung aller Kühl- und TK-Temperaturen
Wareneingang
Lieferscheine, Temperaturmessungen, Beanstandungen
Reinigungsplan
Was, wann, wie, womit gereinigt wird + Unterschrift
Schädlingsmonitoring
Regelmäßige Kontrollen, Befall, Bekämpfungsmaßnahmen
Mitarbeiterschulungen
Hygieneschulungen mit Datum, Inhalt, Teilnehmer
Korrekturmaßnahmen
Dokumentation bei Abweichungen und ergriffene Maßnahmen
Personalhygiene
Mitarbeiter sind ein kritischer Faktor für die Lebensmittelsicherheit:
- Gesundheitszeugnis: Belehrung nach §43 IfSG vor Arbeitsbeginn
- Händewaschen: Vor Arbeitsbeginn, nach Toilette, nach Pausen, nach rohem Fleisch
- Arbeitskleidung: Saubere Kleidung, Haarnetz/Kopfbedeckung, keine Uhren/Ringe
- Krankheit: Bei Durchfall, Erbrechen, Hautinfektionen sofort melden
- Schulung: Regelmäßige Hygieneschulungen (jährlich empfohlen)
Reinigung und Desinfektion
Reinigungsplan erstellen
Ein Reinigungsplan muss enthalten:
- Was: Welche Flächen, Geräte, Bereiche
- Wann: Täglich, wöchentlich, monatlich
- Wie: Reinigungsmethode (wischen, schrubben, etc.)
- Womit: Welches Reinigungsmittel in welcher Konzentration
- Wer: Verantwortliche Person
- Kontrolle: Unterschrift nach Durchführung
4-Felder-System für Wischtücher
- Rot: Sanitärbereich
- Blau: Allgemeine Oberflächen
- Grün: Lebensmittelkontakt
- Gelb: Spezialreinigung
Häufige HACCP-Verstöße
Fehlende Temperatur-Dokumentation
Kühlschrank-Temperaturen nicht täglich notiert
Unterbrochene Kühlkette
Ware zu lange außerhalb der Kühlung
Kreuzkontamination
Rohes Fleisch neben verzehrfertigen Produkten
Mangelnde Händehygiene
Kein Handwaschbecken oder fehlende Seife
Keine Schulungsnachweise
Mitarbeiter ohne dokumentierte Hygieneschulung
HACCP-Kontrolle durch das Gesundheitsamt
Das Gesundheitsamt führt regelmäßig unangemeldete Kontrollen durch. Geprüft werden:
- HACCP-Konzept und dessen Umsetzung
- Dokumentation (Temperaturen, Reinigung, Schulungen)
- Personalhygiene und Gesundheitszeugnisse
- Baulicher Zustand (Oberflächen, Lüftung, Beleuchtung)
- Kühltemperaturen (werden vor Ort gemessen)
- Schädlingsmonitoring
Mögliche Konsequenzen bei Verstößen
- Verwarnungen und Bußgelder
- Nachkontrollen (kostenpflichtig)
- Betriebsschließung bei schweren Verstößen
- Veröffentlichung der Kontrollergebnisse
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